Vom 21. bis 22. Mai fand in Schwaigern der DFV-Pokal statt - ein Teilnehmer berichtet:

Rückblick: Es war einmal eine Welt ohne mulmiges Gefühl, wenn schwitzende und hechelnde Menschen eng beieinanderstanden. Das muss Jahre her sein. Daher sind die Erinnerungen auch leicht verblasst. Ich sehe vor meinem geistigen Auge ein hart umkämpftes Spiel, enge Würfe, Layouts… Zeitgleich aber auch Männer, die begleitet von heroischer Musik versuchen sich gegenseitig in den Bauchnabel zu pieksen. Aber das macht doch keinen Sinn, habe ich das nur geträumt? Ein kurzer Blick in das niemals irrende Internet verrät mir aber, wir haben vor Urzeiten die 2. Liga Nord gewonnen! Die Umstände interessieren ja eigentlich auch niemanden mehr. Ein Spiel dauert 90 Minuten, schmutzige Siege sind auch Siege, und so weiter und so fort. Als Sieger der zweithöchsten deutschen Spielklasse haben wir uns jedenfalls erstmals für den DFV-Pokal qualifiziert.

Aufgrund der hinlänglich bekannten Pandemiesituation findet dieses Spektakel nun also mit einiger Verzögerung statt. Gebannt verfolgen wir die Auslosung am Schirm. Mit einiger Verwunderung stellen wir fest, dass der Pokal auch im Ultimate Frisbee seine eigenen Regeln hat und die KO-Phase eher kreativ mit einem 3er Pool beginnt. Sei es drum, wir spielen gegen die langjährigen Erstligateams Frizzly Bears aus Aachen und MUC aus München. Damit genug der Vorbetrachtung und rein in die Action. Wir starten aus völlig nachvollziehbaren Gründen, frei von jeglichen Vorwürfen mit halbstündiger Verspätung in unseren Roadtrip Richtung Süden. Da sich unser Kader aus verschiedensten Gründen in der Woche vor dem Turnier von 18 auf schmale 13 Mann reduzierte, genügten uns 2 nahezu vollständig funktionierende Transportvehikel, um das gesamte Team in das malerische Schwaigern bei Heilbronn zu bringen. Auf der Fahrt gelingt uns ganz beiläufig, noch eine als sensationell zu bezeichnende Verpflichtung für das ebenfalls bald anstehende 1. Wochenende der open DM. Unser Captain beweist, dass wir diese Position rein nach Kompetenz besetzt haben. So hackt er in Minutenschnelle google maps, tippt für uns Normalsterbliche nicht nachvollziehbare Zahlen und Buchstabenkombinationen in sein internetkompatibles Device und zack sehen wir es bunt auf bunt: der Austragungsort Münster liegt in direkter Nachbarschaft zum Heimatort von Lennart „Rakete“ Weege. Sekunden später sind die Kinder von Mr. 11,5 für das Wochenende an die dankbare Verwandtschaft vermietet und wir um einen Starspieler reicher. Diese aufregenden 5 Minuten werden flankiert von 6 h bezaubernder Autofahrt über Deutschlands schönste Autobahnen. In dunkelster Nacht werden auch nach Jahren der Abstinenz noch routiniert die Zelte platziert und einer erholsamen Nacht steht nix mehr im Weg.

Matchday. Wir fühlen uns bestens aufgehoben in der Heimat des deutschen Dauerchampions Bad Skid und erfreuen uns an dem satten Grün der uns zur Verfügung gestellten Wiesen. Im ersten Spiel gegen die Frizzly Bears läuft dann auch alles nach Plan. Wir starten stark, spielen eine sehr konzentrierte Offense und uns gelingt das ein oder andere Break. So führen wir eigentlich die gesamte Spielzeit über und bringen das Ding am Ende mit 14:12 über die Zeit. Unser Fitnesstraining hat sich bezahlt gemacht und unsere wenigen Beine waren kein Nachteil. Nun meint es der Spielplan aber nicht sonderlich gut mit uns und nach kurzen 50 min Pause steht das zweite Spiel gegen MUC an. Wir starten mit einem Callahan. Also gegen uns, sollte ich an dieser Stelle wohl noch erwähnen. München freut sich, wir uns nicht. Kurz danach steht es 4:1 für uns. Wir freuen uns, München sich nicht. Danach wird viel getradet und zu Beginn der crunchtime führen wir mit 11:7. Nun kommen unsere müden Beine langsam ins Spiel und die Erfahrung der Münchner mit engen Spielen. Sie machen kaum noch Fehler und kämpfen sich heran. Es kommt wie es kommen musste, der Universe entscheidet. München in der Offense, wir sind taktisch bestens eingestellt. Aber der Pokal hat seine eigenen Regeln, können wir nix machen. Ein Pass. Ein Huck. Spiel vorbei. München freut sich, wir nicht.

Nun birgt ein 3er Pool allerhand Möglichkeiten für einen schönen 3er Vergleich. Voraussetzung hierfür wäre ein Sieg von Aachen gegen München. Beim Spiel auf 15 steht es dann auch 14:11 für Aachen. Bedeutung und Möglichkeiten eines solchen Ergebnisses möchte ich hier nicht nochmal vorrechnen. Das möge der geneigte Leser mithilfe eines Stifts und eines Blocks Papier selber machen. Wir jedenfalls betrachten dieses Spiel mit höchst gemischten Gefühlen. Ein erster Platz im Pool wäre aus Prinzip cool, der zweite Platz bedeutet allerdings ein Spiel gegen Bad Skid. Egal wie, qualifiziert sind wir sowieso für das Viertelfinale (das sollte auch bei eurer Berechnung herausgekommen sein, wenn nicht, bitte nochmal von vorne…). So sehen wir sehr entspannt einen weiteren Sieg der Münchner im Universe.

In Vorfreude auf das Highlight Spiel am Abend sind alle müden Beine vergessen. Wir müssen uns eher darauf konzentrieren im Spiel unser Ding zu machen. Das gelingt uns zunächst so mittel gut. Bad Skid kann die erste Halbzeit mit 8:3 deutlich für sich entscheiden. Allerdings läuft unsere Offense im Prinzip. Einzelne Fehler werden von Bad Skid jedoch gnadenlos ausgenutzt. In der zweiten Halbzeit kommen wir immer besser ins Spiel. Bad Skid hat tatsächlich große Schwierigkeiten unser Offense-Spiel zu stoppen. Von der Sideline dringt ein immer verzweifelteres und dauerhaftes „dazwischen“ in meine vergnügten Ohren. So bringen wir Offense um Offense durch und können tatsächlich das ein oder andere Break gegen die wohl bekannteste O-Line Deutschlands holen. Beim Stand von 10:13 holen wir einen Turn vor deren Endzone. Ich sehe vor meinem geistigen Auge das 11:13 fallen, danach holen wir das downwind Break and now we have a Game! Naja, leider haben die Jungs von Bad Skid meine Vision nicht geteilt. Zurück in der Realität verlieren wir das Spiel 10:15. Trotzdem sehe ich viele zufriedene Gesichter nach unserem ersten Pokaltag.

Aber klar, wie jeder weiß, nach dem Pokal ist vor dem Pokal. Also schauen wir am Abend Fußball. Freiburger Helden gegen Leipziger Kommerzbösewichte. Zumindest wurde mir das als nicht Experte so erklärt. Und wer bin ich denn, dieses offensichtliche Allgemeinwissen anzuzweifeln?! Wie es aber immer so ist, haben auch Bösewichte eine gewisse Anziehung auf Menschen. So hat es der SSV Markranstädt auch in unseren Reihen geschafft, einen glühenden Anhänger zu gewinnen. Am Ende bedeutete das für alle anderen 75 Minuten viel Spaß. Da wohl noch nie jemand ein Fußballspiel länger als 75 Minuten gesehen hat, ist nicht genau überliefert wie es danach mit unseren Freiburger Provinzhelden weiterging. Wer sich für dererlei Nebensächlichkeiten interessiert, findet das sicherlich in irgendeiner abgelegenen Ecke des weltweiten Netzes.

Neuer Tag neues Glück, 13 hochmotivierte Potsdamer Frisbeehelden gegen die Darmstädter Bösewichte. So habe ich zumindest die Fanstimmung neben dem Platz wahrgenommen. Und wie wir alle wissen, hat der gemeine Fan ein sensibles Gespür und irrt sich quasi nie. Naja, bis auf beim Durchzählen. Über Nacht verlieren wir unseren Captain mit einem dicken Daumen. Wir vermuten google hatte da seine Finger im Spiel. Also laufen wir uns zu zwölft die Seele aus dem Leib. Die Führung wechselt mehrmals. Beim Stand von 12:12 holen wir einen Turn vor der gegnerischen Endzone. Wieder verpassen wir es dieses wichtige Break zu holen. Danach geht alles ganz schnell. Am Ende fehlen uns die Beine und wir verlieren 12:15. Wieder eine Niederlage, aber auch wieder ein Spiel auf sehr hohem Niveau von uns, mental und körperlich. Aber das schlaucht dann auch. So ist die Geschichte des letzten Spiels schnell erzählt. Es geht mal wieder gegen Hamburg, diesmal um den bedeutungslosen 7. Platz. Wir verlieren in der Anfangsphase 2 weitere Spieler durch Verletzung und bringen das Spiel mit 10 Mann zu Ende. Läuferisch zwingen wir Hamburg dazu alles rauszuhauen was sie noch haben, am Ende können wir aber in einem erneut sehr guten Spiel nicht wirklich mithalten und verlieren 8:15.

Trotz der Bilanz von 1:4 Siegen fahren wir alle mit einem guten Gefühl nach Hause. Wir spielten nur gegen langjährige und etablierte Erstligateams und konnten mit jedem Team mithalten. Mit dem dann hoffentlich vollzähligen Kader sollte doch auch in der 1. Liga was möglich sein. Also kleiner Cliffhänger an dieser Stelle, wie es mit unseren Helden in Liga 1 weitergeht, erfahrt ihr hier in wenigen Wochen…

Im Anschluss an diesen kurz und zackig formulierten, aber daher vielleicht auch etwas drögen Ergebnisreport noch ein kleines „Goldfingers open – inside the team“.
Ich wurde oft gefragt, wie funktioniert das denn mit der Teamchemie und der Entscheidungsfindung, wenn so viele hochtalentierte Sportler ausgezeichnet mit höchsten akademischen Ehren aufeinander hocken. Das im Detail zu beschreiben, würde natürlich den Rahmen hier sprengen. Daher eine kleine Anekdote. So begab es sich, dass auf der Rückfahrt das ein oder andere Lied geträllert und zeitgleich hart gegen eine mögliche Dehydration gekämpft wurde. Leistungssportler eben. Always professional. Daher war es nicht zu vermeiden, dass wir uns zeitnah alle bei der Freiluftgetränkerückgabe trafen. Nachdem das zielgerichtet erledigt wurde, stellten wir auf dem Rückweg fest, dass eines unserer Vehikel deutliche Rauchzeichen von sich gab. 2 Minuten später starrten 13 Männer in eine geöffnete Motorhaube. Motor: da. Qualm: auch da. Die Diagnose stand in Sekundenschnelle. Nach einer etwas länger andauernden Diskussion waren wir uns auch nahezu sicher, dass das ganze wohl verteilte Öl dort wohl so nicht hingehörte. In Abwägung aller möglichen Optionen entschied man sich dafür, dass da wohl „wer zu viel Öl reingemacht hatte“ und dann jetzt ja wieder alles in Ordnung sei. Letzte Zweifel an dieser Entscheidung wurden mit Flüssignahrung weggespült und unsere Reise mit Vollgas fortgesetzt…

Nächster Stopp: Bei Lennies Mutti irgendwo im Ruhrgebiet